Zum Schutz aller Beteiligten wurde ein striktes Besuchsverbot für die Flüchtlingsunterkünfte von der Regierung von Oberbayern erlassen. Analog den Schulschließungen hat der Helferkreis Asyl auch die Begegnungsstätte bis auf weiteres geschlossen. Sie dient jetzt als Büro für unsere Sozialberater aus den FeelHome Häusern, die jetzt auch keinen direkten Kontakt zu den Flüchtlingen haben. Wie lange musste der Helferkreis um eine Internet-Anbindung kämpfen, jetzt eine wesentliche Unterstützung bei der Betreuung.
Wie wird es unseren Flüchtlingen in den FeelHome Häusern gehen? Viele, die vor der Coronakrise dringend in Hilfsjobs benötigt wurden, sind jetzt arbeitslos. Anscheinend gibt es bei den Auszubildenden noch keine negativen Veränderungen. Wie trifft es Ahmad Ziaee aus Kabul? Er sollte doch im Frühjahr seine Friseurlehre abschließen. Zusätzlich zu seinem Abschluss als Friseur hatte er 2018 bei einem Interview weitere Ziele geäußert: „Ich möchte heiraten, 2 Kinder, eine Wohnung, ein Auto und ein gutes Leben mit meiner Familie.“ Ob er dies jemals erreichen wird? Altenpfleger wie Ali Reza Jafari aus Afghanistan werden händeringend gebraucht. Aber was geschieht, wenn sich einer der Flüchtlinge infiziert? Dann muss mindestens die gesamte Wohnung in häusliche Quarantäne. Bei bis zu 8 Personen in 3 Räumen mit 56 qm ein schwieriges Unterfangen. Die jüngeren Helfer des Helferkreises werden im Quarantänefall bei den Einkäufen unterstützen.
Wir in Deutschland machen uns jetzt Sorgen, wie sich die Ausgehbeschränkungen auf das Zusammenleben auf engem Raum in den Haushalten auswirken. Führt es zu einer Verschärfung von häuslichen Konflikten, zu einer Zunahme von häuslicher Gewalt? Konflikte in den Flüchtlingsunterkünften haben wir bisher immer mit absolutem Unverständnis kommentiert.
Es ist schon eine Ironie des Schicksals: Auf einmal entdeckt unsere Politik die Flüchtlinge als Erntehelfer. Vorher bekamen sie keine Arbeitserlaubnis oder standen vor der Abschiebung. Am Anfang waren sie in großen Traglufthallen bzw. Ankerzentren unter teils unwürdigen Bedingungen untergebracht, jetzt werden in momentan nicht benötigten Asylunterkünften Notkliniken für hiesige Infizierte mit geringeren Symptomen vorbereitet, so am Fliegerhorst im Landkreis Erding mit 1000 Betten.
Die Krise ist auch eine Chance: Es wird sich vieles relativieren; was uns wichtig war, wird völlig überflüssig, wir könnten jenseits des Konsums wieder zu Glück, gesellschaftlichem Zusammenhalt und Zufriedenheit gelangen.
Trotz der Fokussierung auf die Bewältigung unserer Probleme aufgrund der Coronakrise dürfen wir das Schicksal der Flüchtlinge in den überfüllten Lagern in Syrien, der Türkei und Griechenland nicht vergessen.
Johannes Groha, Ende März 2020